Home » Rheumatisch-entzündliche Krankheiten: Der lange Weg zur Diagnose
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Gelenksschmerzen können auch rheumatisch bedingt sein. Häufig wird diese Möglichkeit aber erst spät in Betracht gezogen, erklärt der Rheumatologe Doz. Dr. Johannes Grisar.

Doz. Dr. Johannes Grisar

Facharzt für Innere Medizin und Rheu­matologie

Was haben die unterschiedlichen rheu­matisch-entzündlichen Erkrankungen gemein?

Bei all diesen Erkrankungen handelt es sich um Autoimmunerkrankungen. Das heißt, das Immunsystem ist fehlgeleitet und reagiert gegen den Körper: Muskeln und Gelenke schwellen an und schmerzen. Am verbreitetsten ist die chronische Polyarth­ritis, die vor allem die Gelenke von Finger, Hand, Knie und Zehen betrifft. Häufiger trifft man auch auf die Psoriasis-Arthritis, die mit Schuppenflechte assoziiert ist.

Unterscheiden sich rheumatische von orthopädischen Gelenksschmerzen?

Rheumatische Gelenksschmerzen haben eine eigene Charakteristik: Sie sind meist in der Früh besonders intensiv und können im Laufe des Tages besser werden. Beim Abnutzungsrheuma ist es genau umge­kehrt, da wird es mit Belastung schlimmer. Es können auch mehrere Gelenke betrof­fen sein und die Erkrankung kann auch springen: Ein Gelenk, das einmal betroffen war, kann sich wieder bessern, aber dafür kommt dann ein anderes Gelenk hinzu. Wenn solche Gelenksschmerzen länger als sechs Wochen bestehen und selbst bei der Einnahme von Schmerzmitteln fort­bestehen, dann sollte man auf jeden Fall ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Men­schen, die unter Schuppenflechte leiden, sollten da noch hellhöriger sein und direkt einen Rheumatologen aufsuchen.

Warum dauert es in vielen Fällen so lang bis zur Diagnose?

Gelenksschmerzen sind ja keine Seltenheit. Die Symptome liegen oft in einem Bereich, den Patienten und auch Allgemeinmedizi­ner häufig nicht mit einer Autoimmuner­krankung verbinden. Gerade bei jüngeren Menschen denken viele nicht an Rheuma, dabei kann die Erkrankung in jedem Lebensalter auftreten. Viele Patienten lan­den darum zuerst einmal in der Orthopädie oder Neurologie. Die Diagnose ist aber auch anspruchsvoll: Es gibt nicht den einen Blut­wert, der mir sagt, dass jemand an Rheuma erkrankt ist. Um die Erkrankung sicher diagnostizieren zu können, stützt man sich im Wesentlichen auf den klinischen Verlauf der Erkrankung, Laborbefunde und bild­gebende Verfahren.

Wie gehen Betroffene mit der Diagnose um?

Die Diagnose Rheuma ist natürlich nicht per se eine gute Nachricht. Aber wenn die Patientinnen und Patienten zu mir kommen, haben sie oft schon einen langen Leidensweg hinter sich – nicht zu wissen, woran man leidet, ist ja auch eine Belas­tung, vor allem dann, wenn man unter Schmerzen leidet und nicht weiß, was man dagegen tun kann. Die Diagnose schafft nicht nur Gewissheit, sie ist auch der erste Schritt zur Besserung, denn Rheuma ist behandelbar. Voraussetzung dafür ist, dass die Betroffenen die Therapie mittragen und regelmäßig ihren Rheumatologen aufsuchen.

Was kann die Behandlung leisten?

Das Ziel einer guten Therapie ist die Remission. Das heißt, die Krankheit so weit in den Griff zu bekommen, dass die Patientinnen und Patienten ein weitgehend uneingeschränktes Leben führen können. Die Chancen dafür haben sich in den letzten zehn bis 20 Jahren deutlich gebes­sert, da wir mittlerweile eine Vielzahl an Therapiemöglichkeiten haben. In manchen Fällen müssen wir uns aber auch darauf beschränken, die Krankheitsaktivität zu begrenzen, weil Veränderungen am Knochen oder an Gelenken bereits zu Einschränkungen geführt haben. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser ist sie in den Griff zu bekommen. Mein Rat lautet daher: Lieber einmal umsonst als zu spät den Rheumatologen aufsuchen.

AT-RA-NA-202209-00001

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